Hans Gasparitsch
Die Jugend wurde faschistisch organisiert: Pimpfe, die Hitler-Jugend, der Bund deutscher Mädchen. Da war nicht alles Zwang und kalter Drill. Begeisterte Anhänger gewinnt man bei Spiel, Abenteuer, Gemeinschaftserlebnissen, viele Kinder und Jugendliche kamen durch die Nazi-Organisationen zum ersten Mal aus ihrer Stadt, ihrem Dorf hinaus, durften Reisen machen - Kraft durch Freude! Dabei lernten sie besonders das Gehorsamsprinzip: Du bist nichts, dein Volk ist alles. Führer befiehl, wir folgen. Gehorsam ist eine Tugend.

Hans Gasparitsch
Die beiden
Rossebändiger, auf die Hans Gasparitsch sein Anti-Kriegs-Grafitty schrieb, erinnern an die Jugend in antifaschistischen Widerstand in Stuttgart. Auf dieser Allee radelten in der damaligen Zeit viele Arbeiter zu den Betrieben im Neckartal. Das machten sich die Mitglieder der Gruppe G (G=Gemeinschaft) zunutze. Es waren hauptsächlich Lehrlinge und Jungarbeiter aus verschiedenen Organisationen: dem Kommunistischen Jugendverband (KJV), den Roten Falken, den Arbeitersportvereinen, den christlichen Pfadfindern, dem katholischen Gesellenverein, der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ). Sie hatten Verbindungen zu Städten im gesamten
süddeutschen Raum. Diese Jugendlichen machten sich so ihre Gedanken über die politischen Geschehnisse, fragten, warum es auf einmal Wehrsport gab, warum in allen Lebensbereichen das Führerprinzip und der unbedingte Gehorsam durchgesetzt wurde.
Sie lasen Hitlers "Mein Kampf", und es wurde ihnen klar, dass die faschistische Politik zum Krieg führt. Diese jungen Leute trafen sich auf Wanderungen, diskutierten die aktuelle Entwicklung, fanden Gemeinsamkeiten und beschlossen Aktionen gegen die Nazis. Sie kamen aus der Arbeiterbewegung, daran orientierten sie sich. Um gegen die massenhafte und vielfältige faschistische Propaganda gewappnet zu sein, brauchten sie dringend Schulung. So organisierten sie Schulungswochenenden, getarnt als Skikurse, wo sie neben der aktuellen politischen Entwicklung philosophische Texte und den Marxismus studierten.
Es ging um so Fragen wie: Warum bestimmt das Sein das Bewusstsein und warum bestimmt nicht das Blut, die Rasse den Menschen. Sie besorgten sich einen Druckapparat und produzierten Flugblätter gegen die Kriegsvorbereitung und prangerten die Unterdrückung der Antifaschisten an. Sie sammelten im Wohngebiet Geld für die Familien der Gefangenen, die oft in bitterer Not lebten. Sie waren sich der Illegalität ihrer Arbeit bewusst und organisierten sich nach ersten Verhaftungen in 5er Gruppen.

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